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Kulinarisches Slowenien

Nicht zum ersten Mal zieht es uns in den Karst in Slowenien, die Nähe ist verlockend, gerade mal 382 km gilt es zwischen Seekirchen und Štanjel zu überwinden, für ein Mittelklasse-E-Auto ohne Ladepause zu schaffen. 4 Stunden Fahrt und alles ist anders. Hoch über dem Golf von Triest. Das Meer in Sichtweite. Mediterranes Klima. Unberührte Natur. Alles lädt ein zum Wandern, genießen, Seele baumeln lassen. Die rote Erde, terra rossa, färbt die Landschaft und ist geschmackgebend für viele Köstlichkeiten, die diese Region hervorbringt. Andersartig, von angenehm herb bis berauschend süß ist es, was aus dieser Erde wächst und auf traditionelle Art bis zur Exzellenz reift. Da sei zuallererst der Wein genannt, der „Kras Teran“, ein eisenhaltiger tanninreicher Rotwein, der aus der Sorte Refošk (Terrano) gekeltert wird. Nach einer Hypothese soll es sich um den von Plinius dem Älteren (23-79) erwähnten antiken Wein Pucinum handeln. Dem farbkräftigen, körperreichen Rotwein werden gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben. Früher wurde er als „Arznei“ in Apotheken verkauft. Dazu der typische Karstschinken, das berühmteste Fleischprodukt aus dem Karst, geprägt von grobem Meersalz und der Bora des Karsts. Im Schnitt muss er ein Jahr sonnengeschützt im Borawind reifen. Das sind nur zwei Beispiele aus 24 gastronomischen Regionen und 3 Weinanbaugebieten Sloweniens, aber der Karst ist in seinem Geschmack unverwechselbar.

Unsere Basisstation ist diesmal das Biohotel St. Daniel in Hruševica, liebevoll geführt von Nina und Miran, ein ruhiger Ort im Karst, in dem man sich erholen und den Alltagsstress vergessen kann. Ausschlafen, neue Energie schöpfen, Kraft tanken. Das Frühstücksbuffet mit biologischen und einheimischen Speisen ist legendär. Seit neuestem auch zwei Ladepunkte für unser E-Auto, macht vieles leichter und unbeschwerter. Hruševica liegt ganz in der Nähe von Štanjel, ein mittelalterliches Dorf, Perle der Karstarchitektur und einzigartiges Kulturdenkmal. Es erstreckt sich als terrassenförmiges Dorf auf einem Hügel, mit Schlosskomplex, Wehrtürmen, und einem zitronenförmigen Glockenturm. Als eine der ältesten Siedlungen im Karst hat es seinen ursprünglichen Charme bewahrt und besticht mit der innovativen Architektur von Max Fabiani. Sein berühmtestes Vermächtnis ist der Ferrari-Garten, der zur Villa Fabiani gehört und nicht nur Romantiker begeistert.

Das erste Abendessen ist genau in diesem Schlosskomplex geplant, im Bistro Grad Štanjel im Herzen der mittelalterlichen Burg. Die Familie Komel führt dieses Restaurant wie ein zweites Zuhause. Der Vater regiert in der Küche, die Mutter kümmert sich um den Service, und die Tochter ist diejenige, die mit viel Liebe und Wissen die Gerichte den Gästen präsentiert. Hier das 6-gängige Menü in Wort und Bild, wobei beides wahrscheinlich nicht annähernd das darstellen können, was wir mit unseren Gaumen erfahren durften.

 

Das großartige Menü:

- Oktopus-Carpaccio auf Kartoffeln, Granatapfel, schwarzen Oliven, Buchweizen, Walnüssen und Petersilie

- Beef Tartar vom Rinderfilet, gekrönt von Riesengarnelen, garniert mit Zitrone, Orange und Fenchel

- Fenchel-Cremesuppe, Fond vom Wolfsbarsch, Kartoffeln, garniert mit Zitronenschaum und Thymian

- Zwischengang: Kostprobe vom hauseigenen Karst-Schinken

- Risotto vom Wildspargel mit Langustinen-Haube

- Hausgemachte Ravioli, gefüllt mit Lamm vom örtlichen Čilčevi-Bauernhof an Bio-Joghurt von der Čilčevi-Ziege, mit Minze garniert

- Seebarsch-Filet an geräuchertem Kartoffelpüree

- Filet vom heimischen Hirsch an Pastinaken-Püree und Roter Bete, Meerrettich und Estragon

- Zidarič-Kuhjoghurt-Eis mit Apfel-Crunch an Mandeln, Haselnuss, Ingwer und Zimt 

Der Wein zum Menü: Ein Malvasija Istriana von Vinogradi Fon, eine salzig-fruchtige Delikatesse: Zitrus, Nektarinen, vermischt mit Kräutern, Heu, frischen Blüten und kandierte Orangenschalen. Der eleganteste und leichteste Gaumen aller Fon-Weissweine, frisch, dicht, mit ganz leichtem Tannin und mittlerer Säure. Wächst auf kleinen uralten Weinbergen, meist Pergolas, eine einmalige Biodiversität inmitten von Wäldern, immer wieder Obstbäume zwischen den Rebzeilen. Der Winzer Marko Fon ist tief verwurzelt mit der Tradition und der Geschichte des Karsts und Kenner des Karstbodens. Eine Gaumenfreude!


Zwei kulinarische „Niederlagen“ hatten wir zu verzeichnen. Das Gasthaus und Restaurant der Familie Kamnarjevih - eine einfache, ehrliche Küche, gekocht von der Mama, serviert vom Sohn - gibt es leider nicht mehr, und das Špacapanova hiša, in dem der Geschmack des slowenischen Karsts auf geniale Weise neu interpretiert wurde, ohne die Wurzeln zu verleugnen, hat derart an Qualität verloren, dass wir enttäuscht von dannen zogen. 

 

Aber wo sich so manche Türe schließt, geht eine neue auf. Unsere Neuentdeckung ist das Hofgut Majerija in der Gemeinde Slap im Vipava-Tal. Es ist so besonders, dass wir gerne die Geschichte dieses Hauses – die bis ins Jahr 1700 zurückreicht – hier teilen: Wir bekommen eine Führung von Besitzer Matej Tomazic durch das Restaurant, in dem er selbst der Küchenchef ist. Er erinnert sich: Als er vor Jahren mit seiner Freundin (jetzt seine Frau) an diesem Haus vorbeifuhr, sagte sie ihm, dass sie eines Tages hier leben wolle. An diesem Tag standen sie vor einem baufälligen Gebäude. Nach Jahren des Sparens beschlossen sie, einen großen Schritt zu wagen und das heruntergekommene Gebäude mit dem dazugehörigen Land zu kaufen. Dass es einmal verfallen war, sieht man jetzt jedoch nicht mehr. Die Räume wurden vollständig überarbeitet und mit einer unglaublichen Sensibilität gestaltet und modernisiert, ohne alte Details aus dem Auge zu verlieren. Er erzählt, dass das Gebäude denkmalgeschützt sei, er aber unbedingt auch ein kleines Hotel dazu bauen wollte. „Seht ihr den Gemüsegarten draußen“ fragt Matej, wir nicken und und folgen Matej eine Treppe hinunter. Unter den Garten. Und siehe da, 10 Zimmer tun sich auf, die Namen basieren auf den Namen der Kräuter, die oben im Garten wachsen. Mitten in den Kräutern befinden sich große Glasplatten, die die Räume darunter belichten. Ein schöner und versteckter Ort - schon an einem Abend hat uns Majerija (die Meierei) unser Herz gestohlen.

Aber damit nicht genug. Matej und Nataša Tomažič verwöhnen ihre Gäste mit einem Menü, das nach Wind, Sonne, frischen Kräutern und Karst duftet. In einer Küche, in der einst achtzehn Rinder und zwei Ochsenpaare standen, in der Gaststube an Bauernhoftischen mit gehäkelten Tischtüchern, bieten sie eine Mischung aus Tradition und Moderne. Majerija ist kein Restaurant, sondern ein kulinarischer Ausflug, der selbst die größten Feinschmecker verzaubert. Gerade weil das auf den Tellern liegt, was die Natur zu dieser Jahreszeit zu bieten hat - jeder Gang für sich eine Gaumenfreude, und die vom Chef ausgesuchten Weine tun das ihrige dazu.

 

Unser sensationelles Menü:

- Carpaccio vom Rind, milder Ziegenkäse, Erdbeeren, grüner Spargel und Pinienkerne 

- Frühlingskräuter-Cremesuppe mit hauchdünn gebackenem und blütenverziertem Strudelteig

- Bohnensuppe mit Nudeln nach Großmutters Rezept

- Wildfencheltasche, Steinpilzsauce und Kichererbsen

- Kräuter-Maltagliati, Lamm-Bakalca-Tomaten und knuspriger Spinat

- Gebratene Spanferkelhaxe an traditionellem Frühlingsgemüse 

- Filet vom Hirsch in Kaffee- und Kräuterkruste, Polenta-Muffin und Erbsen

- dazu traditionellen Salat aus dem Garten

- Hausgemachtes Vanilleeis in Rum, Rote-Bete-Pulver und Baiser 

- Variante: Vanilleeis in Traverica (!)

Dazu die folgenden Weine:

Zu den Vorspeisen einen Zelen von Sveti Martin, ein trockener, mittelkräftiger Weißwein aus den Weinbergen von Sveti Martin, die sich auf dem Kamm zwischen den Tälern von Vipava und Branica befinden. Sanftes Zitronengelb, in der Nase markant, Aprikose, Zitrone, getrocknete Kräuter, weiße Blumen. Am Gaumen trocken, leichte und reife Säure, schöner längerer Abgang. Dann wurde es interessant: Matej legte uns einen ausgefallenen roten Cuvée an Herz. Der Name : UOU Grjanc 9. Die Winzer ein Konsortium aus verschiedenen Winemakern nach einer Idee von Marinko Pintar. Die unglaubliche Geschichte: Mit großer Sorge und Hingabe hat das Konsortium verlassene Weinberge wiederbelebt, sie gereinigt, erneuert und gestärkt, damit sie in ihren späten Jahren eine neue Jugend genießen können. Die Reben in fast 90 Jahre alten Weinbergen belohnen das mit ausgeprägtem Charakter. Der Cuvée, den wir zu unserem Menü genießen, ist aus nicht weniger als 9 Rebsorten aus 9 verschiedenen Weingärten zusammengestellt. Merlot, Refošk, Cabernet Sauvignon, Cipro, Malo Črn, Barbera, Syrah, Gamay und Vranac verbinden sich zu einem absoluten Gaumenerlebnis.


Ja, die Kulinarik stand bei dieser Reise im Mittelpunkt, aber es blieb ausreichend Zeit für Wanderungen durch die Weinberge, Ausflüge nach Görz und Nova Gorica, die jüngste Stadt Sloweniens, die zur Zeit als Kulturhauptstadt Europas am europäischen und internationalen Himmel strahlt. Aber auch Italien war uns einen Abstecher wert, ein Ziel war der Rilke-Weg zwischen Sistiana und Duino sowie ein Besuch der bombastischen Kirche Monte Grisa mit einem herrlichen Ausblick auf die Bucht von Triest ...

Noch schnell nach Triest, dem Ort, an dem sich drei große Kulturen begegnen: die romanische, die slawische und die germanische. Eine Schnittstelle Europas wie keine andere Stadt. Sie war auch deshalb stets ein Ort vieler Sprachen und Literaten: Jules Verne, Richard Francis Burton, Sigmund Freud, James Joyce, Umberto Saba und viele andere. Triest mit seiner einzigartigen Mischung aus Geschichte, Kultur und Natur, ist bleibt ein faszinierender Ort, der eine tiefe Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart schafft. Uns zieht es immer wieder dorthin. Hier ein paar Impressionen unseres Spaziergangs:

Nützliche Adressen:

Hotel St. Daniel, Hruševica 1b, 6222 Štanjel, www.stdaniel.si, info@stdaniel.si, +386 40 785 085 

Bistro Grad Štanjel, Štanjel 1A, 6222 Štanjel, www.gradstanjel.si, info@gradstanjel.si, +386 5 731 00 70

Majerija Matej Tomažič, Slap 18, 5271 Vipava, www.majerija.si, info@majerija.si, +386 41 405 903

 

Winzer:

UOU, Marinko Pintar, Cesta IX. Korpusa 96F, 5250 Solkan, www.uou.si, info@uou.si, +386 41 620 291

Vina Sveti Martin, Brje 121, 5263 Dobravlje, www.vinasvetimartin.si, peter@vinasvetimartin.si, +386 41 369 633

Vino Marko Fon, Brje pri Komnu 12, 6223 Brje pri Komnu, +386 57 668 783

 

Moon-Ladestation im Hofgut Majerija

Ein paar Anmerkungen zur Elektromobilität: Wie bereits erwähnt sind 382 km zwischen Seekirchen und Štanjel für ein Mittelklasse-E-Auto ein Leichtes, dies ohne Ladepause zu bewältigen, auch wenn auf der Strecke ausreichend Schnellader ihren Dienst anbieten. Im Karstgebiet selbst gibt es in jedem Dorf ein bis zwei Ladepunkte, die allermeisten betrieben von dem Mineralölkonzern Petrol. Das ist mit Schwierigkeiten verbunden, denn die App OneCharge ist nur in slowenischer Sprache verfügbar, ein mühsamer Prozess, den man sich nicht aussetzt. Unsere Karten haben allesamt nicht funktioniert, eine einzige Ausnahme: für eine Ladesäule in Hruševica (ebenfalls Petrol) war es jene der Energie Steiermark.

 

Beim Hotel St. Daniel, das inzwischen über zwei Ladepunkte verfügt, werden diese betrieben von "Just Charge". Einfach den QR-Code auf der Ladesäule scannen und bei Bezahlung ApplePay auswählen. Funktioniert sofort und unkompliziert zum Tarif von 0,37€/kWh.

 

Beim Hofgut Majerija erwartete uns eine Überraschung: gleich zwei MOON-Ladepunkte mit grandioser Aussicht (Bild links). Der Besitzer Matej Tomažič ist E-Mobilitäts-Enthusiast, bei soviel Nachhaltigkeit eigentlich logisch. Unkompliziertes Laden mit der WeCharge-Karte von Elli (VW).

 

Slowenien und E-Mobilität: Fast 38 % aller Neuzulassungen sind dort mittlerweile rein elektrisch (1. Quartal 2025). Während andere Länder noch zögern, zeigt Slowenien, wie schnell die Transformation wirklich gehen kann, wenn man will. Unter den Bestsellern: Volkswagen, Cupra und Tesla. Die Ladeinfrastruktur hat noch Potenzial, besonders ausserhalb der Städte.

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Kommentare: 6
  • #1

    Borut (Dienstag, 15 April 2025 23:11)

    Alles super aber wieso stellt ihr nicht in der Petrol App einfach auf Englisch - habs grad probiert und funktioniert tadellos.

  • #2

    Leo (Mittwoch, 16 April 2025 00:03)

    Ich hab das nicht gefunden.....

  • #3

    Leo (Mittwoch, 16 April 2025 00:06)

    Ich hab es gerade nochmal probiert - ich finde es nicht. Wo soll man das umstellen?

  • #4

    Leo (Donnerstag, 17 April 2025 15:28)

    Es hat uns keine Ruhe gelassen - wir haben nun zuhause weiter nach der Sprachumstellungs-Möglichkeit in der "Petrol"-App gesucht und: Verena hat es gefunden! Wenn man in das Untermenü einsteigt, werden 4 Unterpunkte angezeigt (in sehr kleiner Schrift, mit winzigen Grafiken): Vlps, Triki, Jezik, Naša ponudba. Mit Hilfe eines zweiten Smartphones und dem Google-Übersetzer haben wir es gefunden. Der zweite Menüpunkt "Jezik" heisst "Sprache" (wer, der nicht slowenisch oder kroatisch spricht, kann das wissen?). Geht man da rein, kann man es umstellen auf Englisch. Warum ich das so genau beschreibe? Weil es ein gutes Fallbeispiel ist, wie eine App nicht sein sollte. Sie sollte intuitiv bedienbar, unkompliziert sein und in wenigen Schritten transparent zum Erfolg führen. So wie die oben beschriebene "JustCharge". Wie gesagt, da gibt es noch Potenzial.

  • #5

    Heinz Slesak (Mittwoch, 23 April 2025 08:55)

    Danke für den tollen Bericht und die Super-Empfehlungen lieber Leo ��und glg�‍♂️an Verena und dich,
    Heinzi

  • #6

    Leo (Freitag, 25 April 2025 06:55)

    Wir haben an PETROL eine Mail geschickt mit der Anregung: "Bitte die Sprachumstellung deutlich und in verständlicher Sprache auf die erste Ebene legen. Wäre sehr hilfreich. Vielen Dank im Voraus." PETROL hat prompt reagiert und geantwortet, einen Tag später war der Text in der App umgestellt und das slowenische "Jezik" auf "Jezik/Language" geändert. Vorbildliche und kundenorientierte Reaktion. Vielen Dank!