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Genießen in Triest

Also wieder einmal nach Triest. Das ist für österreichstämmige Thalassophile (Menschen, die das Meer lieben, stammt aus dem Griechischen: thalassa (θάλασσα) = „Meer“ und philos (φίλος) = „liebend“) ganz natürlich. Schon die Habsburger wussten diesen besonderen Küstenabschnitt zu würdigen, war Triest doch in der Monarchie die Verbindung des Alpenlandes zum Meer. Damals schon war Triest eine der sprachlich und kulturell vielfältigsten Städte: neben Italienisch wurden hier Slowenisch, Serbokroatisch, Deutsch sowie weitere Sprachen des Mittelmeerraumes gesprochen. Zusammengefasst: Für thalassophile Österreicherinnen ist eine Reise nach Triest wie heimkommen.

 

Natürlich elektrisch, wie sonst, wobei die Distanz Salzburg-Triest (385 km) für E-Autos wie einem Volkswagen ID.7 (oder vergleichbaren Modellen wie Tesla Y, Ford Explorer, BMW i4 oder KIA EV6) keine große Sache mehr ist. Wenn man allerdings dann in Triest angekommen ist, sucht man brauchbare Ladestellen wie eine Stecknadel im Heuhaufen. Auch ein Grund, warum wir uns für ein Hotel mit Lademöglichkeit entschieden haben. Das Hotel Riviera Maximilian, seit drei Generationen in einer Familienhand, ideal vor dem Castello di Miramare gelegen, jedes Zimmer aufs Meer ausgerichtet. Ideal für ein entspannendes Wochenende, wenn man die Ruhe am Meer sucht, aber die quirlige Hafenstadt in Steinwurfnähe.

Gleich nach Ankunft und Einchecken fahren wir weiter ins Zentrum, das Wetter ist herrlich, 18 Grad Lufttemperatur. Wir flanieren durch die Gassen, sitzen am Canal Grande in einem der Kaffeehäuser und genießen in der Sonne einen Aperitif. Der Kanal war ein Lebensnerv des alten Handelszentrums Triest, an den Ufern des Kanals erheben sich auch heute noch jene Handelsgebäude, die die Stadt groß werden ließen, Plätze, Kirchen und auch die historischen Kaffeehäuser. Auf einer der Brücken, der Ponte Rosso begegnet man einer Statue von James Joyce, der 1904 als Englischlehrer nach Triest kam, lebte über ein Jahrzehnt lang in Triest, was sich als von grundlegender Bedeutung für die europäische Literatur herausstellte. Er schrieb hier „Ein Porträt des Künstlers als junger Mann“ und entwarf und begann seinen berühmtesten Roman, „Ulysses“.

Dann widmen wir uns dem ersten unserer Ziele für dieses Wochenende. Der Salone degli Incanti zeigt eine Ausstellung mit mehr als 150 Fotografien von Steve McCurry, darunter einige überraschende unveröffentlichte Bilder. Die Retrospektive bietet einen tiefgründigen und symbolischen Blick auf das Werk eines der größten Meister der zeitgenössischen Fotografie. Jede Aufnahme ist wie ein Fenster zu fernen Welten und nimmt den Besucher mit auf eine spannende und komplexe Reise durch verschiedene Kulturen, Erfahrungen und Empfindungen. Der gesamte Raum ist mit schwarzem Stoff verhüllt, kein Lichtschein dringt nach innen, nur die Bilder leuchten mit ihren intensiven Farben. Großartig! Unbedingt ansehen - die Ausstellung ist noch bis 4. Mai 2025 zu sehen.

Wir tauchen ein ins nächtliche Triest und suchen ein Restaurant für den Abend. Zufällig treffen wir ein Salzburger Paar, wir kennen uns, sie haben eine Wohnung in Triest und empfehlen uns das PURO, ein Restaurant im Ausgehviertel - modern, dynamisch und in einem raffinierten industriellen Stil gehalten. Wir entscheiden uns für:

 

Handgemachte Tagliolini mit Eigelb aufgeschlagen und üppig eingesetzten schwarzen Trüffel, 

Istrische Fuži mit Kaninchen-/Geflügelragout, 

Tournedos vom Kalbsfilet in Patra-Negra-Schmalz gebraten auf Kartoffelpüree sowie

Fritto misto di pesce, Fischfilet, Sardinen, Garnelen, Tintenfisch und hauchdünn geschnittenes Gemüse im Backteig.

Abgerundet mit einer Flasche Les Enfants Rosso vom Weingut Villa Russiz im nahegelegenen Collio, ein fruchtig würziger Cuvee aus Merlot, Cabernet Sauvignon und Refosco.


Am nächsten Morgen erwachen wir mit einem unfassbar schönen Blick auf die Bucht von Triest, die ersten Fischer sind in ihren Booten unterwegs, die bunten Bojen schaukeln auf den Wellen. An ihnen hängen lange Netzstrümpfe, tausende Muscheln klammern sich, ineinander verkeilt, an diese schlanken Gebilde. Die Miesmuscheln gehören zur typischen Speisekarte der Triestiner Restaurants, wo man sich beim Essen täglich zwischen der Vielfalt aus dem Meer und vom Land entscheiden muss. Aber davon später.

Wir verlassen das Hotel und fahren nach Sistiana, um von dort eine Wanderung auf dem Rilke-Weg zu starten. Der Sentiero Rilke ist ein Panoramaweg, der Sistiana mit Duino verbindet. Er verläuft entlang des Riserva Naturale delle Falesie von Duino (Naturschutzgebiet der Kliffküste von Duino) und bietet in naturalistischer Hinsicht die Möglichkeit, die pittoresken Karstformationen aus der Nähe zu betrachten. Der Weg ist nach dem Dichter Rainer Maria Rilke benannt, der oft als Gast der Fürstin von Thurn und Taxis in ihrem Schloss in Duino war. Rilke liebte diese Orte sehr und fand hier die Inspiration für seine Duineser Elegien: „Hier zu sein ist wunderschön“, schrieb er. Der wahre Zauber aber ist der wunderschöne Blick auf die Bucht von Sistiana und auf den ganzen Golf von Triest, ein Anblick, den seinesgleichen sucht!

Während der offizielle Zielpunkt des Sentiero Rilke das Schloss Duino ist, lockt uns die Kulinarik an einen Ort, der unmittelbar neben dem Schloss liegt. Die Locanda Al Cavalluccio, ein im kleinen Hafen von Duino gelegenes kleines Restaurant bietet eine einfache, authentische Küche mit frischen Zutaten (aus dem Meer) und einer reichhaltigen und abwechslungsreichen Speisekarte. Schöner kann ein Plätzchen am Meer nicht liegen, die Locanda Al Cavaluccio schaut auf eine stille Bucht, eine perfekte Möglichkeit, sich an Ort und Stelle an den Köstlichkeiten des Meeres gütlich zu tun. Wir ergattern einen Tisch in der Mittagssonne und bestellen: Caprese, Spaghetti alle Vongole, eine Sogliola und eine Orata vom Grill, dazu Kartoffelstücke und frischen Salat. Dazu einen Friulano (Hauswein) und alles ist gut. Danach ein Schläfchen auf der Felsenmauer und man ist gerüstet für den Rückweg und eine Einkaufstour im Eataly, wo wir uns mit allerlei Pasta für zuhause eindecken. Als Belohnung gibt es einen wunderschönen Sonnenuntergang im Hafen von Triest.



Für Tag 3 haben wir uns eine weitere Wanderung vorgenommen. Die Strada Napoleonica, die Höhenpromenade Triests. Die Strada Napoleonica soll 1797 unter Napoleon als Transportweg für dessen Truppen zwischen Venedig und Triest angelegt worden sein. Sie führt vollkommen eben und mittlerweile autofrei als bestens ausgebauter Fuß- und Radweg über vier Kilometer in sonniger, windgeschützter Lage parallel zur Küstenlinie auf 250 Meter Seehöhe. Auf ihrer kompletten Länge bietet sie einen überwältigenden Ausblick auf die Stadt, den alten Hafen, Schloss Miramare und das Meer. Und obwohl viele Sträucher schon in der Blüte stehen, ist der Bewuchs von Bäumen und Büschen eher verhalten. Braun- und Beige-Töne dominieren Anfang März die Hänge, aber das satte Blau der Adria und des Horizonts entschädigen für das fehlende Grün.

Am Ende der Strada Napoleonica wartet ein besonderes Highlight. Eines, das wir schon seit Jahren kennen, wenn auch nur aus der Ferne. Schon oft haben wir auf den Hügel zum Santuario Monte Grisa hinaufgeblickt und uns gefragt, was denn dieses archaisch anmutende Gebäude ist, das man von fast jeder Position der Stadt aus erblickt. Jetzt waren wir endlich da. Der Architekt Antonio Guacci nannte die römisch-katholische Wallfahrtskirche immer einen Tempel. Ein Tempel mit einer aufregenden Geschichte. Der Bischof Antonio Satin hatte sich geschworen, eine Kirche zu bauen, wenn die Stadt Triest 1945 vor einer totalen Zerstörung durch die Nazi-Besatzer und die lokalen jugoslawischen Tito-Partisanen verschont würde. So kam es auch und Antonio Guacci wurde beauftragt. In seinen Werken beschäftigte sich Guacci immer wieder mit der Entwicklung von ornamentalen Entwürfen mit Kreisen, Dreiecken, Kugeln und Zylindern. Mit Monte Grisa hatte er die Möglichkeit, seine geometrischen Utopien auszuleben. Die sich durch alles durchziehende dreieckige Struktur sollte den Buchstaben M als Symbol für die Heilige Maria heraufbeschwören. Die mächtige Stahlbetonstruktur wirkt trotz der bienenstockartigen Anmutung monumental. - eine Kirche im Stil vom Brutalismus. Allemal beeindruckend.

Wir machen uns auf den Weg zurück nach Opicina, wo wir unser Auto geparkt haben. Eigentlich wollten wir ja mit der wiedereröffneten Tram der Linie 2 von Triest nach Opicina fahren, leider hat auch die am Sonntag frei und fährt nicht. Die Tram hat eine aufregende Geschichte hinter sich. Vor acht Jahren kam es zwischen Straßenbahngarnituren zu einem Unfall, ein langer Prozess folgte. Die Straßenbahnlinie von Triest wurde stillgelegt. Seither gab es viele Versuche, den Straßenbahnverkehr zu reaktivieren. Bei der Wiederherstellung der Gleise wurde auch die Mafia-Abteilung der Polizei aktiv, da mafiöse Infiltrationen bei den Bauarbeiten festgestellt wurden. Dadurch mussten diese neu vergeben werden. 2024 war es dann so weit - seither fährt sie wieder. Ein liebevolles Detail, das wir entdecken: Auf der Suche nach einem Cafe stolpern wir förmlich über die Bar alla Tramvia, die am Bahnhof der Endstation der Linea 2 von Kaffee über Prosecco (alla spina!) bis Zeitungen und Tabakwaren alles unter die Leute bringt.

Ein ausgefüllter Tag, trotzdem fahren wir von Opicina nicht sofort ins Hotel, sondern machen noch einen Kurzbesuch in Muggia, ein Dorf am Rande Triests mit istrischen und venezianischen Einflüssen sind unverkennbar, noch heute atmet man in diesem Städtchen eine besondere Luft, auf einem Spaziergang in den typischen Gassen und auf der herrlichen Piazza Marconi, dem pulsierenden Herz des Städtchens, oder wenn man im Mandracchio die Fischer bei ihrer Arbeit beobachtet. 

Der Himmel trübt sich ein und wir beschließen, zurück ins Hotel zu fahren und uns für das Abendessen fein zu machen. Es ist Sonntag und wir machen es den Triestinern gleich - wir flanieren am Kai und auf der Mole und lassen den Tag ausklingen. In der inzwischen nebelverhangenen Bucht sieht man die fahlen Umrisse des 143 Meter langen Dreimasters Sailing Yacht A, auch „White Pearl“ genannt. Sie ist - wie die Marienkirche am Monte Griso - von nahezu jedem Punkt der Stadt sichtbar. Auch das hat Symbolcharakter. Sie steht für Gerechtigkeit, für Kampf gegen Korruption und am Ende auch für Demokratie. Diese Segelyacht ist oder war im Besitz des russischen Milliardärs und Oligarchen Andrei Melnitschenko. Der Bau dieser größten Segelyacht der Welt soll rund 400 Millionen Euro gekostet haben. Im Jahr 2022 wurde ihr Wert sogar auf 530 Millionen Euro geschätzt. Am 11. März 2022 wurde die Segelyacht im italienischen Hafen Triest vom italienischen Staat aufgrund der verhängten Sanktionen gegen russische Oligarchen beschlagnahmt.

Zurück zum Abendessen. Unsere Wahl fällt auf die kleine Osteria Marise im Herzen der Altstadt von Triest. Sie liegt in der Gegend von Cavana, nur einen Steinwurf von der majestätischen Piazza Unità d'Italia entfernt. Hier versuchen Gianfranco und Monica, ihren Gästen eine familiäre Atmosphäre zu bieten, indem sie typische Gerichte der triestinischen Küche anbieten, von Fleisch bis Fisch und auch einigen vegetarischen Optionen. Sehr familiär, man hat das Gefühl, Oma steht in der Küche und kocht. Hausmannskost. Schon die Speisekarte ist etwas Besonderes. Eine Tafel, auf der Kreppband die Zeilen für das Menü bilden. Unser persönliches Menü: Fritatta morbida al Tartufo, Taglionlini con Polpetti und zweimal Filetto di Branzino in Crostadi Patate e Verdure. Dazu einen Cabernet Franc (bio) von Simon di Brazzan aus Cormons. Alles delikat. Der Abend erfuhr noch eine ganz besondere Wendung, als ein Paar das Lokal betrat, das wir aus Salzburg kannten - Andreas und Olivia. Was für ein Zufall und welche Freude!

Der Montag ist der Tag unserer Heimreise, nicht ohne einen kurzen Abstecher ins Collio zu machen und zwei Weingüter zu besuchen: Fondazione Russiz und Agricola Visintini. Für ein paar Flaschen ist noch genügend Platz im Kofferraum....

 

Am Schluss wie gewohnt die Adressen der erwähnten Highlights:

 

Hotel Riviera & Maximilian's

Str. Costiera, 22, 34100 Triest, +39 040 224551, info@rivieramax.eu, www.rivieramax.eu

 

Ristorante PURO

Via Torino 31, 34123 Triest, +39 040 302787, info@puroristoro.it, www.puroristoro.it

 

Ristorante al Cavalluccio Duino

Duino Porto 61/D, 34013 Duino-Aurisina, +39 040 208133 

 

Bar alla Tramvia (Snacks - Tabacchi – Giornali)

Via Nazionale 26, 34151 Opicina, +39 040 2171019, barallatramvia@yahoo.it

 

Osteria Marise

Via Felice Venezian 11/F, 34124 Triest, +39 040 3229149, info@osteriamarise.it

 

Fondazione Villa Russiz

Via Russiz, 4/6, 34070 Capriva del Friuli, villarussiz@villarussiz.it, www.villarussiz.it

 

Azienda Agricola Visintini 

Via Gramogliano, 27, 33040 Corno di Rosazzo, info@vinivisintini.com, www.vinivisintini.com

 

Buchtipp: 

Triest – Stadt der Winde 

Autoren: Veit Heinichen und Ami Scabar 

Mit farbigen Fotografien und Rezepten, Reisebegleiter und Genuss für alle Sinne.

Abendlicher Blick aus dem Fenster im Hotel Riviera & Maximilian's
Abendlicher Blick aus dem Fenster im Hotel Riviera & Maximilian's

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Kommentare: 1
  • #1

    Bertl (Mittwoch, 12 März 2025 09:24)

    Ganz toll beschrieben wie immer lieber Leo! Da kann man die Reise mit deinem Kompass getrost antreten.. bist besser als jedes Reisebüro �