(LEO) Nach einer unglaublich ruhigen Nacht frühstücken wir mutterseelenalleine in unserer Unterkunft. Das Auto ist voll: 100% Ladestand. Ungern verlassen wir Bern, diese schöne und originelle Stadt hätte noch ein paar mehr Tage mit uns verdient. Viele Highlights haben wir ausgelassen, besonders schmerzlich: das Zentrum Paul Klee, das nicht nur wegen dem Künstler interessant ist, sondern auch wegen der von Renzo Piano geschaffenen Architektur des Gebäudes. Aber was solls. Auf zu den nächsten Zielen.
Ein Zwischenziel, das uns förmlich über den Weg läuft, ist Yverdon-le-Bains, gelegen am südlichsten Zipfel des Lac du Neuchâtel, dem größten ganz in der Schweiz liegende See. Ein Thermalzentrum, gepflasterte Gassen, eine verkehrsfreie Altstadt, Strassencafés und die Nähe zur Natur zeichnen diesen etwas seltsam anmutenden Ort aus. Zuerst besuchten wir das Seeufer - nichts, wir waren ganz allein dort. Hauptsaison? Ferien? Keine Spur davon. Dann auf einen Cappuccino in den Altstadtkern - mittelalterlich bezaubernd.
Dann weiter nach Vézelay: Dorf, Basilika und der ewige Hügel. Dieses Dorf mitten im Burgund besitzt seit dem 12. Jahrhundert und dem Bau der romanischen Basilika Sainte-Madeleine eine unglaubliche religiöse Aura. Kein Wunder, dass der gesamte Komplex ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen wurde. Das Renommee und die Pracht dieses Ortes gehen auf seine spirituelle Vergangenheit zurück. Über Jahrhunderte kamen tausende Pilger hierher, um die Reliquien der heiligen Maria Magdalena zu verehren, bevor sie weiter nach Santiago de Compostela wanderten. Dazu Winzer- und Renaissancehäuser, gepflasterte Gassen – alles ist noch so, wie es früher war. Und dann noch diese Basilika, ein majestätischer Anblick und ein Monument des Christentums, ein Meisterwerk der romanischen Architektur.
Die erste Hürde: Unser Hotel liegt direkt neben der Basilika, alles Fahrverbot, laut Hotelpersonal dürfen wir dennoch durch die Fussgängerzone dorthin fahren. Wir tun das, aber nicht ohne gehörige Scham bugsieren wir unseren ID.Buzz durch die Menschenmenge, die in den kleinen Gässchen nicht weichen will. Es erinnert uns ein wenig an den Mont Saint Michel in der Normandie. Wir beziehen trotz aller Widrigkeiten das Hotel, fahren das Auto zu einem nahegelegenen Parkplatz und erholen uns erstmal von diesem "Drive of Shame".
Das Hotel "Le Glycines" ist entzückend, uralt und dennoch komfortabel. Jede volle Stunde ist auch die Glocke der Basilika mit uns im Zimmer, also spricht nichts dagegen, sie erstmal zu besichtigen. Erster Eindruck: riesig, ein Turm von zweien fehlt, im Inneren sehr schlicht gehalten. Als wir sie betreten, wird gerade eine Messe gefeiert, Nonnen singen, ein Priester betet vor, eine berührende Szene.
Nach dem Abendessen schlendern wir noch durch das angeblich "schönste Dorf Frankreichs" und siehe da: Kein Mensch auf der Straße, die Geschäfte und Lokale geschlossen, wir sind ganz allein, herrlich. Eine einzige Bar hält noch einen Schlummertrunk für uns bereit, dann sind wir müde genug...
P.S.: Ein Satz zum Ausbaustand der Ladeinfrastruktur in der Schweiz und in Frankreich: Lobenswert zu erwähnen ist, dass das Tankstellennetz entlang der Autobahnen ausnahmslos mit Schnellladern ausgestattet ist, je näher man der französischen Grenze kommt, desto mehr nimmt dieser Umstand ab. Allerdings nimmt die Anzahl der Ladepunkte nach der Grenze wieder zu...
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