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Der andere Blick

Schweren Herzens verlassen wir Arradon und das herrlich gelegene Hotel Les Vénètes mit der deutschen Rezeptionistin, die sich ‚zuerst wegen der Liebe und nun wegen der Landschaft‘ hier angesiedelt hat. Hier hätte ich es noch mindestens bis zum Einsetzen der ersten Schneefälle aushalten können…

 

Der nächste Zielpunkt liegt in Rennes, der Hauptstand der Bretagne. Wir möchten unbedingt den ‚Marché des Lices‘ besuchen, der seit 400 Jahren jeden Samstag stattfindet und leider schon um 13.30 die Rollläden herunterlässt. Pulsierendes Leben empfängt uns, bunte Gemüse- und Obststände, Oliven aller Größenordnungen, Käse, Würste, Fleisch, Blumen – eine Pracht. Tausende Menschen tummeln sich zwischen den Ständen, Trommlergruppen und verschiedene Livebands beleben die Szenerie, mittendrin ein Tanzkurs für Lindy Hop und Charleston. Das wäre doch einmal eine Idee für den Salzburger Schrannenmarkt!

 

Überhaupt fällt uns auf, dass Rennes vor jungen Menschen nahezu überquillt, 57.000 Student*innen bringen quirliges, lebendig-junges Treiben in die Stadt. Wir fühlen uns vom ersten Moment an wohl hier, dabei haben wir zu diesem Zeitpunkt unsere Unterkunft für diese Nacht noch gar nicht gesehen…

 

Davor steht nämlich noch am Plan, uns den Wintervorrat unseres bretonischen Zaubertranks Cidre zu sichern -  treu nach Asterix&Obelix, die ja in der Römerzeit ebenfalls in der Bretagne ihre Hinkelsteine geschleppt haben. Wir machen einen Ausflug ins ‚Val de la chevre‘ (Tal der Ziegen)  und besuchen eine Cidrerie. 

Der charmante Tristan empfängt uns freudig und bietet sofort eine Führung durch Apfelhaine und Produktionsstätten des herrlichen Bio-Cidres an. Leider spricht er kaum Englisch und ignoriert völlig, dass wir des Französischen nur äußerst rudimentär mächtig sind. Er spult seine viertelstündige Führung in seiner melodiös klingenden Sprache ab und wir können nur im Groben erahnen, was er uns da alles erzählt. Was für ein Segen, dass im Film Untertitel den Sinn erklären werden… Wir laden einige Schachteln mit verschiedenen Cidreflaschen ein: demi sec, brut und extra brut und eine Spezialabfüllung mit Honig. Die Vorfreude auf den Winter steigt…

 

Von Marie Jolly, unserer Gastgeberin in Rennes haben wir schon im Vorfeld einen Code geschickt bekommen, der das Einfahrtstor zu ‚Castel Jolly’ öffnen soll. Wir stehen in einer eher ruhigen Gasse vor einem unscheinbaren Tor, nur ein kleines Schild weist auf die richtige Adresse hin. Wir tippen den Code ein, das Tor öffnet sich und wir stehen…. vor einem atemberaubenden, schlossartigen Haus, umgeben von uralten Bäumen. Marie eilt die Treppen herab uns entgegen, eine Flut von Herzlichkeit und Freundlichkeit überschwemmt uns. Angekommen. 

 

Das Haus stammt aus dem 19. Jahrhundert, Marie und Alain haben es vor 20 Jahren gekauft und peu à peu renoviert. Marie ist Architektin und Malerin und hat das Haus mit einer unglaublichen Stilsicherheit liebevoll eingerichtet. Seit die drei erwachsenen Kinder ausgezogen sind, vermieten sie die leerstehenden Zimmer fallweise als Bed&Breakfast.

 

Wir verstehen uns alle auf Anhieb und werden auf ein Glas Rosé in den traumhaften Garten eingeladen, in dem sich 3 wuschelige Hühner tummeln, die als Garanten der Frühstücksei-Versorgung Königinnen des Gartens zu sein scheinen. Es entsteht eine angeregte Plauderei, Urlaubstipps und Adressen werden ausgetauscht, Familienfotos hergezeigt. Leider müssen wir uns schon nach einer Stunde trennen, da die beiden noch auf eine Geburtstagsparty eingeladen und wir zum Abendessen mit der Filmcrew verabredet sind. 

Morgen früh gibt es ein Wiedersehen, ich freue mich jetzt schon darauf!

 

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